Adea - Timeo, enim solum sum

Adea ist etwas kompliziert, hat viele Gesichter, und doch glauben Viele, sie durchschauen zu können. Ihr eines Gesicht offenbart sich jenen, die sie in ihr Herz geschlossen hat, die sie mag und denen sie vertraut. Zu ihnen ist sie jederzeit freundlich und hilfsbereit, schenkt ihnen ihr Vertrauen und geht offen mit ihnen um. Sie hat vor ihren Freunden fast keine Geheimnisse, ist gesprächig und stets treu. Sie zeigt sich ihnen sehr ruhig und wir ihr Alter schon extrem schlau, doch ist sie auch jederzeit bereit, sie zu verteidigen, wenn es von ihr verlangt wird.
Fremden Wölfen oder Pferden gegenüber ist Adea hingegen etwas schüchterner. Sie greift sie nur selten an, doch versucht sie einen gewissen Abstand zu wahren, um auf das schlimmste gefasst zu sein, bis sie jene besser kennengelernt hat. Auch ihnen gegenüber begegnet sie stets freundlich und hilfsbereit, doch ist es etwas ganz anderes als bei ihren Freunden.
Und dann sind da noch jene, die Adea hasst. Ihnen gegenüber verhält Adea sich sehr distanziert, ja manchmal sogar giftig und angriffslustig. In ihrer Gegenwart zeigt sich ihr zweites Gesicht am deutlichsten, denn nie würde sie auf die Idee kommen, zu einem von ihnen freundlich oder hilfsbereit zu sein, wenn es nicht um das Leben eines anderen geht. Sie zeigt sich ihnen als launische Zicke und ist ihnen gegenüber respektlos und nervt sie stets, soviel sie kann. Ob sie dafür Schläge einstecken muss, ist Adea egal, solange sie diese Wesen weitestgehend an ihren Vorhaben hindert.
Im Allgemeinen könnte man sagen, ist Adea mutig und zugleich naiv, in keinster Weise dumm und stets gut überlegt und selbstbeherrscht. Doch auch der klügste Kopf verwirft seine Pläne manchmal wieder und handelt nach seinem Instinkt, wobei ein entscheidender Instinkt bei Adea fehlt, nämlich der, auf die Jagd zu gehen. Sie ernährt sich fast ausschließlich von pflanzlicher Nahrung, da sie das Jagen nie gelernt hat und es auch nicht mehr lernen will. Doch wie es scheint, haben die Pflanzen auch positive Eigenschaften gehabt, denn Adeas Gedächtnis reicht fast bis ins Unermessliche und ihre Augen sind extrem gut, sowohl bei Tag als auch bei Nacht.

Sie hat ihre Eltern bereits früh verloren. Ihr Vater starb noch vor ihrer Geburt, als er ihre Mutter verteidigte. Adea war die kleinste und jüngste im Wurf und der Liebling ihrer Mutter. Diese starb, als Adea drei Monate alt war. Ihre Geschwister starben kurz darauf, da sie kein Futter fangen konnten. Auch Adea beherrschte das Jagen nicht und so fing sie an, Beeren, Tannenzapfen und vieles Anderes zu fressen, was man nicht jagen und töten musste.
Bald darauf wurde sie von einem weißen Rüden gefunden und aufgezogen. Durch seine Erziehung vertiefte sich Essgewohnheit noch weiter und wurde zu einer Art Lebensziel, denn er brachte ihr bei, dass man selbst am glücklichsten war, wenn man andere glücklich machte. Lange Zeit lebte Adea mit ihm zusammen, bis sie durch ein Tal kamen und der Rüde plötzlich verschwand. Er hatte Adea schon auf sein Verschwinden vorbereitet und so war die junge Fähe, damals noch ein Welpe von gerade mal einem halben Jahr, nicht ganz unvorbereitet gewesen. Dennoch traf der Verlust Adea hart und stieß sie in ein tiefes Loch.
Adea kam auf einen Rudelplatz, einsam und verlassen, auf dem sie eine Fähe und einen Rüden traf. Wie sich bald herausstellte, hatte der Rüde die Fähe als Geisel genommen und hatte nun auch Adea unter seiner Gewalt. Da die junge Welpin wenig gegen ihn aussetzen konnte, ergab sie sich ihm und fing an, ihn die ganze Zeit über zu nerven und ihm das Leben so schwer wie nur möglich zu machen. Wenig später erfuhr sie, dass dieser Rüde zu einer Gruppe Rebellen, bestehend aus drei Rüden, gehörte und die Fähe die Ziehtochter der Leitfähe des eigentlich dort ansässigen Rudels war. Als es zu einem Kampf zwischen den beiden Gruppen kam, griff Adea mit ein, wurde jedoch von der Leitfähe aus dem Kampf rausgeholt.
Schnell freundete Adea sich mit den Leittieren des Rudels an und schloss Leitfähe, Leitrüde und den stellvertretenden Anführer fest in ihr Herz. Sie vertraute ihnen und freute sich ungemein, als sie eine Aufgabe als Spionin übernehmen durfte, um die Rebellengruppe, die mittlerweile stark gewachsen war, auszuspionieren. Sie war damals noch immer ein Welpe gewesen und daher nicht sehr talentiert, doch die Tatsache, dass sie noch so jung und unerschrocken war, brachte die Rebellen dazu, sie nur erneut als Geisel zu nehmen, ihr jedoch nichts zuzufügen, sodass sie bald wieder frei war.
Die Zeit verging, die Leittiere des Rudels verschwanden, neue kamen, wurden wieder gewechselt und Adea wuchs, behielt jedoch immer das feste Band zu dem ehemaligen stellvertretenden Anführer, nun Leitrüde des Rudels, bestehen. Sie übernahm eine Aufgabe, kam völlig geschwächt und verletzt wieder zurück und versuchte, sich aufzupäppeln. Sie wurde von allen unterstützt, wurde stets gut von ihren Freunden beschützt, doch sie fand keine Ruhe, um richtig genesen zu können. So machte sie sich wieder auf den Weg, um weiter gegen die nun zerstreuten Rebellen kämpfen zu können. Sie fand die Rebellen, kämpften ihren Kampf mit ihnen weiter, wie sie es schon als kleine Welpin getan hatte, und verlor. Zwar hatte der Rüde, gegen den sie letztendlich gekämpft hatte, sie nicht verletzt, doch waren ihre nie vollständig verheilten Wunden ihr irgendwann zum Verhängnis geworden und so war die Fähe im Alter von gerade einmal 1 ½ Jahren ihren Verletzungen erlegen.
Doch auch als sie bereits gestorben war, hörte ihr Geist nicht auf zu arbeiten und als sie am nächsten Morgen erwachte, befand sie sich in einer völlig fremden Umgebung und ihre Wunden waren verheilt. Nur eine Narbe an ihrem linken Hinterbein und ihre Erinnerungen gaben ihr die Gewissheit, dass sie schon einmal gelebt hatte – und gestorben war.